Was sind chronische Rückenschmerzen?
Chronische Rückenschmerzen stellen für die Betroffenen eine erhebliche Belastung dar und beeinträchtigen die Lebensqualität erheblich. Sie können den gesamten Alltag verändern, indem sie Schlafstörungen verursachen, die Ausübung des Berufs erschweren oder unmöglich machen und die Bewegung aus Angst vor mehr Schmerzen einschränken. Diese Bewegungseinschränkung führt häufig zu einem Teufelskreis: Weniger Bewegung begünstigt eine Gewichtszunahme, die den Rücken weiter belastet und die Schmerzen verstärken kann.
Der Begriff „chronisches Schmerzsyndrom“ oder „chronische Schmerzkrankheit“ beschreibt eine Schmerzform, bei der der Schmerz seine ursprüngliche Funktion als Warnsignal verliert und zu einer eigenständigen Erkrankung wird. Dabei nehmen Schmerzen des Bewegungs- und Stützapparates, die meist durch Fehlbelastungen entstehen, mit etwa 33 % den größten Anteil unter den Schmerzsyndromen ein.
Im Alltag wird oft verkürzt von „chronischen Schmerzen“ gesprochen. Diese liegen definitionsgemäß vor, wenn Schmerzen über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten bestehen. In der ICD-11-Klassifikation gilt ein Zeitraum von drei bis sechs Monaten als Schwellenwert. Gelegentlich wird der Begriff aber auch unabhängig von einem festen Zeitrahmen verwendet und bezieht sich auf Schmerzen, die über die normale Heilungsdauer hinaus andauern.
In Deutschland wurde 1996 durch eine Vereinbarung zwischen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und den Spitzenverbänden der Ersatzkassen erstmals eine qualifizierte Behandlung chronischer Schmerzen abrechenbar. Schätzungen zufolge leiden hierzulande etwa 8 bis 10 Millionen Menschen an chronischen Schmerzen, was die hohe gesellschaftliche und gesundheitliche Relevanz des Themas verdeutlicht.
Durch die Behandlung von chronischen Rückenschmerzen können Betroffene die Kontrolle über ihr Leben, Lebensfreude und Freude an Bewegung zurückgewinnen.
Ursachen und Risikofaktoren für chronische Rückenschmerzen
Die Ursachen für chronische Rückenschmerzen sind vielfältig und lassen sich in spezifische und unspezifische Rückenschmerzen unterteilen. Von unspezifischen Rückenschmerzen spricht man, wenn keine eindeutige Ursache diagnostiziert werden kann. Bei spezifischen Rückenschmerzen liegt dagegen ein klarer Auslöser vor, wie zum Beispiel ein Knochenbruch, ein Bandscheibenvorfall oder Osteoporose.
Die Entstehung von Rückenschmerzen wird heute nicht mehr nur biologisch erklärt, sondern im Rahmen des biopsychosozialen Modells betrachtet. Dieses Modell berücksichtigt neben den körperlichen Ursachen auch psychische und soziale Faktoren, die die Wahrnehmung, Verarbeitung und Chronifizierung von Schmerzen beeinflussen.
- Körperliche Faktoren: Rückenschmerzen können durch natürliche, altersbedingte Abnutzungserscheinungen des Bewegungsapparates oder durch Fehlbelastungen entstehen. Die damit verbundenen Einschränkungen im Alltag stellen für viele Betroffene eine große Herausforderung dar.
- Psychische Faktoren: Die individuelle Schmerzbewältigung ist sehr unterschiedlich. Während zum Beispiel glückliche Menschen, wie frisch Verliebte, oft besser mit Schmerzen umgehen können, neigen Menschen in akuten psychischen Belastungssituationen dazu, Schmerzen intensiver wahrzunehmen.
- Soziale Faktoren: Das soziale Umfeld spielt bei der Schmerzwahrnehmung eine entscheidende Rolle. Rückenschmerzen können sich verschlimmern, wenn Betroffene auf sich allein gestellt sind. Ein unterstützendes soziales Umfeld wirkt dagegen oft entlastend.
Ein besonders hohes Risiko für die Chronifizierung von Rückenschmerzen besteht, wenn die Betroffenen unter starkem Leistungsdruck** stehen. Die Angst, den beruflichen Anforderungen nicht mehr gerecht zu werden oder die soziale Absicherung zu verlieren, kann die Schmerzen verstärken und dazu führen, dass aus akuten Beschwerden chronische Schmerzen werden.
Behandlung chronischer Rückenschmerzen
Bei der Behandlung von chronischen Rückenschmerzen setzt eine erfolgreiche Therapie auf einen ganzheitlichen Ansatz. Ärztinnen und Ärzte, Psychologinnen und Psychologen, Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten sowie weitere Fachkräfte arbeiten eng zusammen, um eine individuell abgestimmte Behandlung zu gewährleisten. Die multimodale Therapie umfasst bewegungstherapeutische, psychologische und soziale Ansätze, die wissenschaftlich fundiert und auf die spezifischen Bedürfnisse jedes Patienten abgestimmt sind. Ziel ist es, die Lebensqualität zu verbessern, die körperliche und seelische Belastbarkeit zu erhöhen und eine möglichst rasche Rückkehr in den Alltag und Beruf zu ermöglichen.
Teamarbeit
In verschiedenen medizinischen Einrichtungen arbeiten Ärzte, Psychologen, Physiotherapeuten, Sportwissenschaftler, medizinische Fachangestellte und das Patientenmanagement eng zusammen, um Patientinnen und Patienten aller Altersgruppen mit Erkrankungen und Veränderungen der Wirbelsäule optimal zu betreuen.
Jeder Patient wird ganzheitlich betrachtet, um eine individuell abgestimmte Behandlung oder Therapieempfehlung nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen zu gewährleisten. Durch die enge Zusammenarbeit mit Fachärzten für Wirbelsäulen- und Neurochirurgie wird ein umfassendes Spektrum an konservativen, interventionellen und operativen Therapien abgedeckt. Dies ermöglicht die bestmögliche Therapie für die jeweilige Situation.
Multimodale Therapie bei chronischen Rückenschmerzen
Die multimodale Therapie bei chronischen Rückenschmerzen setzt sich aus verschiedenen Modulen zusammen, die bewegungstherapeutische, psychologische, informative, soziale und berufliche Aspekte beinhalten. Diese Module erfüllen strenge, wissenschaftlich fundierte Qualitätskriterien und entsprechen der Nationalen Versorgungsleitlinie Kreuzschmerz.
Die aktive Mitarbeit der Patientinnen und Patienten spielt dabei eine wesentliche Rolle für den langfristigen Therapieerfolg. Dazu gehören auch die zeitnahe strukturierte Einbindung der Nachsorge und die intensive Beratung der Patienten für einen nahtlosen Übergang in ein eigenständiges Trainingsprogramm.
Therapiebausteine
Die verschiedenen Therapiemodule verfolgen das Ziel, Patientinnen und Patienten mit Schmerzen oder Einschränkungen eine umfassende und individuelle Behandlung anzubieten. Im Rahmen der ärztlichen Beratung und Therapie erfolgt eine gezielte Vermittlung medizinischer Informationen und eine Aufklärung über die Zusammenhänge zwischen körperlichen und psychosozialen Aspekten der Erkrankung. Neben dieser Aufklärung werden medikamentöse und manualmedizinische Maßnahmen eingesetzt, um die Beschwerden zu lindern und die Heilung zu fördern.
Die psychologische Schmerztherapie nutzt kognitiv-verhaltenstherapeutische Methoden, um den Patienten zu helfen, besser mit den Schmerzen umzugehen. Ergänzend werden Entspannungsverfahren eingesetzt, um die psychische Belastung zu reduzieren und das Wohlbefinden zu steigern. In der medizinischen Trainingstherapie wird eine computergestützte Funktionsdiagnostik eingesetzt, um die genauen Bedürfnisse des Patienten zu ermitteln und individuelle Trainingspläne zu entwickeln. So wird der Patient angeleitet, selbstständig an der Verbesserung seiner körperlichen Funktion zu arbeiten.
Ziele der Behandlung
Ziel der Physiotherapie ist es, die Patientinnen und Patienten durch ein gezieltes alltags- und berufsbezogenes Training zu unterstützen. Dabei werden Koordinations- und Stabilisationsübungen sowie manualtherapeutische Behandlungen integriert, um die Beweglichkeit und Stabilität des Körpers zu verbessern.
Übergeordnetes Ziel dieser Maßnahmen ist die Wiederaufnahme normaler Alltagsaktivitäten, wodurch die Lebensqualität und Leistungsfähigkeit der Patienten nachhaltig gesteigert werden soll. Darüber hinaus wird die physische und psychische Belastbarkeit verbessert, was zum Abbau von Bewegungsängsten führt. Ein zentrales Anliegen ist auch die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit und die Förderung einer raschen Rückkehr an den Arbeitsplatz. Die Therapie soll auch schmerzaufrechterhaltende psychische Faktoren wie Schon- und Durchhalteverhalten sowie inadäquate Schmerzbewältigung verändern, um langfristig eine Verbesserung der Lebensqualität zu erreichen. Schmerzen.