Redewendungen

Redewendung - Auf der Leitung stehen

Was ist eine Redewendung?

Eine Redewendung ist eine feste Verbindung mehrerer Wörter, deren Gesamtbedeutung sich nicht unmittelbar aus den Bedeutungen der Einzelwörter ableiten lässt. Diese festen Wortverbindungen sind ein rhetorisches Stilmittel und stellen einen Sonderfall der Kollokationen dar. So beschreibt z. B. der Ausdruck „ins Gras beißen“ nicht das tatsächliche Beißen ins Gras, sondern hat die metaphorische Bedeutung „sterben“.

Im Deutschen gibt es zahlreiche Begriffe für Redewendungen, darunter Redensart, stehende Wendung, feststehender Ausdruck, Floskel oder Formel. Der Duden definiert eine Redewendung als „feste Verbindung von Wörtern, die zusammen eine bestimmte, meist übertragene Bedeutung haben“.

Die Phraseologie befasst sich sowohl mit der Gesamtheit dieser sprachlichen Einheiten als auch mit ihrer wissenschaftlichen Erforschung. Dabei werden Redewendungen deutlich von Sprichwörtern unterschieden: Während Redewendungen nur Bestandteile von Sätzen sind, sind Sprichwörter in sich geschlossene Sätze.

Wörtliche und übertragene Bedeutung

Der Unterschied zwischen wörtlicher und übertragener Bedeutung spielt eine zentrale Rolle für das Verständnis von Redewendungen. Die wörtliche Bedeutung ist die enge, ursprüngliche Bedeutung eines Ausdrucks, während die übertragene Bedeutung metaphorisch ist und den Ausdruck in einen neuen Bedeutungszusammenhang überträgt.

Ein Beispiel ist die Aussage „Der Ofen ist aus“. Wörtlich verstanden bedeutet dies, dass das Feuer im Ofen erloschen ist. Im übertragenen Sinne kann der Satz aber auch ausdrücken, dass eine Beziehung gescheitert ist und die Beteiligten keinen Kontakt mehr haben wollen. Der Sprachwissenschaftler Lutz Röhrich weist darauf hin, dass wörtliche und übertragene Bedeutung oft nebeneinander existieren und die Interpretation vom Kontext abhängt.

Die Fähigkeit, Redewendungen zu verstehen, erfordert nicht nur Sprachkenntnisse, sondern auch kulturelles Verständnis. Ein Nicht-Muttersprachler kann die Wörter „grün“ und „Zweig“ leicht lernen, aber die Bedeutung der Redewendung „auf einen grünen Zweig kommen“ (Erfolg haben) erschließt sich erst, wenn man mit der Sprache vertraut ist.

Redewendungen sind ein faszinierender Aspekt der Sprache, der nicht nur Kreativität und Bildhaftigkeit zeigt, sondern auch tiefe Einblicke in die Kultur und Denkweise einer Sprachgemeinschaft gewährt.

Wortverbindungen und ihre Rolle im Sprachgebrauch

Phraseologismen versus Wortschatz

Phraseologismen prägen die Individualität einer Sprache viel stärker als ihr Wortschatz. Die Besonderheit einer idiomatischen Wortverbindung zeigt sich darin, dass schon kleine Veränderungen in ihrer Zusammensetzung die Bedeutung grundlegend verändern können. So ist „jemandem einen Bärendienst erweisen“ (einen schädlichen Gefallen tun) etwas ganz anderes als „jemandem einen Katzendienst erweisen“, wobei letzteres kein geläufiger Ausdruck ist. Ähnlich verhält es sich mit Gegensätzen wie „unter der Hand“ (inoffiziell) und „über der Hand“ (kein geflügeltes Wort).

Ein weiteres Merkmal von Phraseologismen ist, dass sie oft eine doppelte Lesart haben: eine wörtliche und eine idiomatische. Während z.B. „ins Gras beißen“ im übertragenen Sinne „sterben“ bedeutet, kann die wörtliche Lesart einfach „in eine Wiese beißen“ bedeuten.

Unterschiede zu anderen Wortverbindungen

Phraseologismen unterscheiden sich deutlich von freien oder losen Wortverbindungen. Bei freien Verbindungen wie „einen Apfel essen“ können die Bestandteile ohne Bedeutungsverlust beliebig verändert werden, während Redewendungen unveränderlich sind. Dennoch werden in der Umgangssprache oft auch Funktionsverbgefüge („zur Kenntnis nehmen“), Zwillingsformeln („klipp und klar“) oder sogar Sprichwörter unter dem Oberbegriff „Redewendungen“ subsumiert, was terminologisch ungenau ist.

Die sprachliche Festigkeit von Phraseologismen geht oft auf frühere rhetorische Figuren zurück, insbesondere auf Metaphern. Viele idiomatische Wendungen sind ursprünglich wörtliche Ausdrücke, deren übertragene Bedeutung sich historisch entwickelt hat. So lässt sich die scheinbare Unverständlichkeit einer Redewendung oft durch ihre sprachgeschichtliche Herkunft erklären.

Regionale und kulturelle Besonderheiten

Wie der allgemeine Wortschatz können auch Phraseologismen regional variieren. Manche Redewendungen sind nur in bestimmten Dialekten oder Sprachräumen verbreitet. Darüber hinaus gibt es literarische Zitate, die als „geflügelte Worte“ Eingang in die Alltagssprache gefunden haben. Beispiele wie „die Geister, die ich rief“ aus Goethes „Faust“ zeigen, wie Literatur zu einem festen Bestandteil des Sprachgebrauchs wird.

Bei allen Unterschieden verbindet Phraseologismen und Sprichwörter ihr einprägsames Bild und ihre sprachliche Unveränderlichkeit. So bleibt die Redewendung „Maulaffen feilhalten“ unverändert, während „Maulaffen verkaufen“ schlicht falsch wäre. Dies zeigt, wie stark Redewendungen in ihrer festen Form und in ihrem kulturellen Kontext verankert sind.